„Alle nennen mich hier die Bergprinzessin. Dabei bin ich doch keine Prinzessin.“ Silvia kichert und zieht an ihrer Zigarette. Wir sitzen in einem der Wehrtürme, in unserem Rücken die Festung, vor uns die Wiesen des Kapuzinerbergs. Im Wehrturm ist sie daheim. Wenn Silvia eine Prinzessin ist, ist der Kapuzinerberg ihr Reich.
Text: Veronika Ellecosta, Fotos: Jasmin Walter
Und es regnet. So viel, dass die Wiese vor uns matscherweicht ist. Auch im kleinen Wehrturm tropft es. „Manchmal wenn ich schlafe, regnet es mir ins Gesicht. Aber so ist das Leben.“ Ob es denn kalt ist im Winter? Ja, dann hängen die Eiszapfen von der Decke. Dürftig hat Silvia das Fenster verhangen, hinter blauen Plastikplanen schimmert die Festung durch und der Himmel klatscht seine Tropfen rücksichtslos gegen das Plastik. Den Regen kann man hier nicht einfach vor die Tür sperren. Auch nicht den Winter. Oder die unerwünschten Besucher*innen, die sich immer wieder Zutritt verschaffen wollen.
,,Seit Heiko gestorben ist, haben sie mich voll im Visier. Sie wissen, dass ich jetzt alleine bin. Dauernd brechen sie ein und reißen an der Tür. Ich habe keine ruhige Minute mehr.“ Heiko, das war Silvias Freund. Ihr großer Bruder, sagt sie. Wie in dem Lied von Zlatko. Aber wie es geendet ist, kapiert sie nicht. Sie deutet auf den Holzhaufen vor dem Wehrturm und den kleinen Platz davor. Dort vorne sei er zusammengebrochen, Herzstillstand. Zwei Tage vor Heiligabend sei er gestorben.